Die Auswirkungen von KI auf das Bildungswesen
Die künstliche Intelligenz (KI) ist längst im Alltag der Schüler:innen angekommen. Doch neben vielen Chancen gehen damit auch Herausforderungen einher. Wie verändert die KI das Lernen? Eine Aufgabenstellung im Fach Geschichte könnte zum Beispiel lauten: „Schreibe einen Aufsatz über die Wiedervereinigung Deutschlands.“ Bis vor nicht allzu langer Zeit hätten Schüler:innen in diese Aufgabe recht viel Recherche- und Schreibarbeit investieren müssen.

Inzwischen haben ChatGPT & Co. innerhalb weniger Sekunden alles Wichtige rund um das historische Ereignis beschrieben, wahlweise in einer Kurzfassung oder als ausführlicher Aufsatz.
Dass KI längst ein fester Bestandteil des Schulalltags ist, belegt unter anderem die Jugendmedienstudie (JIM) aus dem Jahr 2024. Demnach greifen fast zwei Drittel der 12- bis 19-jährigen Schüler:innen bei Schulaufgaben auf KI zurück.
Selbst zu recherchieren, Schulbücher zu wälzen und die zusammengetragenen Informationen anschließend zu einem stimmigen Text auszuformulieren, ist zu aufwändig.
Warum sollten sich die Schüler:innen diese ganze Arbeit auch machen, wenn die KI das doch sehr viel schneller, einfacher und bequemer erledigen kann?
Genau hier liegt aber eine der Herausforderungen, vor die die KI das Bildungswesen stellt.
Wie stehen Schulen und Universitäten zu der Entwicklung? Wie kann die KI zu einem hilfreichen Lerninstrument werden? Wo kann sie zum Stolperstein für Bildung werden? Und ist es überhaupt noch sinnvoll, Schüler:innen schriftliche Aufgaben zu stellen?
Inhalt
Skepsis bei vielen Lehrer:innen
Dass die technische Entwicklung voranschreitet und die KI im Bildungswesen genauso eine Rolle spielen wird wie in den meisten Berufsbereichen, darin sind sich die Lehrkräfte weitgehend einig.
Doch die Lust, sich mit KI als Instrument im Schulalltag zu befassen, scheint sich in Grenzen zu halten.
Das jedenfalls legt das Schulbarometer 2025 der Robert-Bosch-Stiftung nahe. Im Zuge der Erhebung wurden Lehrkräfte erstmals auch zu KI im Unterricht befragt.
Die Studie ergab, dass die Lehrkräfte beim Einsatz von KI-Tools mehrheitlich nachteilige Folgen für Schüler:innen erwarten. Vor allem wenn es um soziale Kompetenzen, kommunikative Fähigkeiten und das kritische Denken geht, fürchten über 60 Prozent der Lehrer:innen negative Auswirkungen.
Andersherum sehen rund 57 Prozent der Befragten großes Potenzial für positive Effekte, wenn die KI gezielt für eine individuelle Förderung eingesetzt wird.
Was die Nutzung angeht, fühlen sich fast zwei Drittel der Lehrer:innen im beruflichen Umgang mit der KI unsicher. Knapp ein Drittel arbeitet gar nicht mit KI-Tools, ebenfalls fast ein Drittel hingegen regelmäßig.
Die Lehrkräfte, die KI verwenden, nutzen diese überwiegend, um Aufgaben zu erstellen oder den Unterricht zu planen.
Fortbildungsbedarf bei Lehrkräften
Zum Lebensalltag junger Leute gehören Anwendungen wie ChatGPT längst dazu. Sie im schulischen Alltag verbieten zu wollen, wird nicht funktionieren. Stattdessen sollte das Ziel sein, den Schüler:innen einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI nahezubringen.
Denn Kinder und Jugendliche probieren ohnehin in Eigenregie aus, welche Möglichkeiten die KI bietet. In der Schule sollten sie lernen, wie sie die KI sinnvoll nutzen können, aber auch, wo Risiken drohen und Grenzen erreicht sind.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es für die Lehrkräfte systematische Fortbildungen in diesem Bereich gibt. Diese Notwendigkeit sehen auch die befragten Lehrkräfte in der Studie.
So sind die Nutzung von KI für die Unterrichtsgestaltung, zur Förderung des kritischen Denkens, für die Unterrichtsplanung und für die Auswertung der Leistungen von Schüler:innen die bevorzugten Fortbildungsthemen.
Neben anwendungsbezogenen Schulungen ist aber auch das Interesse an didaktischen Qualifizierungen für die Einbettung von KI in den Unterricht groß.
Lediglich sechs Prozent der befragten Lehrer:innen gaben an, keinen Bedarf an Fortbildungen zum Thema KI zu haben.

Gezielter KI-Einsatz an Hochschulen
Anders als an vielen Schulen gehören KI-Anwendungen an deutschen Hochschulen und Universitäten fest zum Studienalltag.
Eine Untersuchung der Hochschule Darmstadt, bei der rund 5.000 Student:innen aus ganz Deutschland befragt wurden, ergab, dass 92 Prozent von ihnen im Studium regelmäßig die KI nutzen.
Aus diesem Grund befassen sich die Hochschulen auch flächendeckend mit KI. Je nach Standort ist die Umsetzung zwar unterschiedlich weit vorangeschritten.
Allerdings haben die Hochschulen Erfahrung darin, neue Technologien in die Abläufe zu integrieren. Deshalb ist es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis das auch mit KI-Anwendungen der Fall sein wird.
Handlungsempfehlung des Kultusministeriums
Bereits im Oktober 2024 hat das Kultusministerium bei der Bildungsministerkonferenz eine Handlungsempfehlung formuliert, wie Schulen mit KI umgehen sollten.
Ein Aspekt dabei ist, die Prüfungskultur anzupassen. Demnach sollten Klassenarbeiten und Hausaufgaben künftig so aufgebaut sein, dass die Kompetenzen bei der Nutzung von KI einfließen.
Ganz praktisch könnte eine Aufgabe zum Beispiel sein, einen optimalen Prompt, also die Anweisung an die KI, zu erarbeiten. Im Unterricht können die Prompts anschließend besprochen werden.
Eine andere Möglichkeit ist, dass die Schüler:innen eigenständig ein Thema erarbeiten, das danach im Unterricht vertieft wird. Dabei geht es dann darum, KI-generierte Inhalte kritisch zu reflektieren.
Auch die klassische Hausarbeit im Studium wird eine Überarbeitung brauchen. Noch steht dabei im Vordergrund, die Fähigkeit zu kritischem Denken und zur Problemlösung aufzuzeigen. Künftig könnten schriftliche Prüfungen durch mündliche Komponenten ergänzt werden.
Außerdem dürfte auch hier der zielgerichtete Einsatz von KI als Werkzeug ein Prüfungsthema sein. Voraussetzung sind aber klare und verbindliche Regeln.
Die Handlungsempfehlung des Kultusministeriums bezieht sich aber auch auf den Mehrwert, den KI im Alltag der Lehrkräfte bietet.
Setzen die Lehrer:innen die Technologie zum Beispiel ein, um Lerninhalte und Prüfungsaufgaben zu erstellen oder Klassenarbeiten zu korrigieren, eröffnet sich ein Potenzial für Entlastung, das nicht ungenutzt bleiben sollte.
Kein Ersatz für normales Lernen
Obwohl die KI viele neue Möglichkeiten mit sich bringt, kann und soll sie das klassische Lernen nicht ersetzen. Die Schüler:innen müssen erst einmal lernen, ohne die KI zurechtzukommen.
Wenn sie recherchieren, auswerten, argumentieren, schreiben und rechnen können, kann die KI als zusätzliches Hilfsmittel zum Einsatz kommen.
Es geht darum, den Kindern und Jugendlichen aufzuzeigen, dass sie sich keinen Gefallen tun, wenn sie alle Aufgaben der KI überlassen, weil ihnen dadurch wichtige Fähigkeiten abhandenkommen.
Andererseits muss auch die Software, die KI-generierte Texte erkennen soll, weiterentwickelt werden. Sonst wird es immer wieder zu Situationen kommen, in denen Schüler:innen und Student:innen zu Unrecht unterstellt wird, sie hätten ihre Arbeit nicht selbst verfasst.
Das kann das Vertrauensverhältnis zwischen Lernenden und Lehrkräften nachhaltig beschädigen.
Und es steht noch eine andere große Herausforderung im Raum: Wenn die KI sinnvoll in das Bildungswesen integriert werden soll, muss die technische Ausstattung vorhanden sein.
Doch an vielen Schulen fehlt es an ausreichend Geräten, Lizenzen und stabilem WLan. Die digitale Bildung braucht also nicht nur inhaltliche Lösungen, sondern zunächst einmal eine entsprechende Infrastruktur.
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Thema: Die Auswirkungen von KI auf das Bildungswesen
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