Die wichtigsten Infos zu Waldorfschulen

Die wichtigsten Infos zu Waldorfschulen 

Derzeit besuchen in Deutschland mehr als 80.000 Kinder eine Waldorfschule. Dabei haben Waldorfschulen immer wieder mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen, etwa dass sie vor allem für esoterisch angehauchte Alternative interessant seien oder dass das Basteln und Musizieren an den Schulen wichtiger wäre als die klassischen Lehrinhalte.

Tatsächlich gibt es einige Punkte, in denen sich Waldorfschulen von Regelschulen unterscheiden. Dies erklärt sich in erster Linie mit den völlig unterschiedlichen Konzepten der Schulformen.

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Was sich hinter der Waldorfpädagogik verbirgt, erklärt die folgende Übersicht mit den wichtigsten Infos zu Waldorfschulen: 

 

Die Geschichte und die Organisation

Die erste Waldorfschule gab es 1919 in Stuttgart, gegründet von dem österreichischen Philosoph, Esoteriker und Begründer des anthroposophischen Welt- und Menschenbildes Rudolf Steiner. Namensgeber für die Schule war die Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, denn deren Direktor hatte Steiner mit der Leitung einer Schule für die Kinder der Fabrikarbeiter beauftragt.

Steiner hatte schon seit 1906 an pädagogischen Konzepten gearbeitet, bei denen die individuelle Entwicklung der Schüler im Vordergrund stand. Davon ausgehend entwickelte er mit der Waldorfschule ein Schulkonzept, bei dem jeder Schüler individuell und optimal auf seine Fähigkeiten und seine Lernfortschritte abgestimmt gefördert wird. Gleichzeitig wurde die Waldorfschule damit zur ersten Gesamtschule in Deutschland. Steiners Konzept stieß recht schnell auf Zustimmung, so dass zahlreiche weitere Schulen gegründet wurden.

Die Nationalsozialisten schlossen alle Waldorfschulen, erst in den 1970er-Jahren erfolgte eine erneute große Gründungswelle. Heute gibt es in Deutschland 225 Waldorfschulen als staatlich anerkannte Schulen in freier Trägerschaft. Waldorfschulen werden auch als Ersatzschulen mit besonderer pädagogischer Prägung bezeichnet und in den meisten Fällen von Fördervereinen getragen. Die Schulen werden von den Bundesländern bezuschusst, aber da die staatlichen Zuschüsse die Kosten nicht decken, wird ein Schulgeld erhoben.

Wie hoch das Schulgeld ausfällt, hängt vom Einkommen der Eltern ab, wobei an Walddorfschulen grundsätzlich alle Kinder willkommen sind, ungeachtet der Gesellschaftsschicht oder Religion. Waldorfschulen sind als unabhängige Einrichtungen organisiert, die Leitung übernimmt ein Gremium aus Lehrern und Eltern.

Alle pädagogischen Entscheidungen trifft die Lehrerkonferenz, die wöchentlich tagt, für die wirtschaftlichen Belange ist ein Geschäftsführer zuständig.  

 

Das Konzept

Das pädagogische Grundkonzept von Waldorfschulen basiert auf dem anthroposophischen Welt- und Menschenbild nach Steiner. Zu den wichtigsten Leitlinien dabei gehören das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit und die Abschaffung der Auslese. Das bedeutet, es werden keine Schüler aussortiert, indem sie sitzenbleiben und das Schuljahr wiederholen müssen, sondern die Schüler werden auf Basis ihrer individuellen Bedürfnisse gefördert.

In den ersten acht Schuljahren bleiben die Schüler als eine Klasse zusammen und werden während dieser Zeit von einem Klassenlehrer unterricht. Die individuelle Betreuung und Förderung steht dabei immer im Mittelpunkt. Da nach Steiner jedes Kind bestimmte Entwicklungsphasen durchläuft, werden der Lernstoff und die Unterrichtsmethoden abgestimmt auf die jeweilige Entwicklungsphase ausgewählt.

Ein weiterer zentraler Baustein der Waldorfpädagogik ist, dass intellektuelle, handwerkliche und künstlerische Fähigkeiten gleichermaßen gefördert werden sollen.

Aus diesem Grund sieht der Lehrplan ab der ersten Klasse neben den klassischen Lerninhalten auch Fremdsprachen, Werken und Musizieren vor.  

 

Der Unterricht und der Lehrplan

An Waldorfschulen gibt es zum einen den Hauptunterricht und zum anderen den Fachunterricht. Der Hauptunterricht, der auch als Epochenunterricht bezeichnet wird, findet immer in den ersten beiden Schulstunden eines Tages statt und kümmert sich um Bereiche wie Deutsch, Mathematik, Geschichte oder Naturwissenschaften.

Während einer bestimmten Zeitspanne, einer Epoche von meist zwei bis vier Wochen, wird dabei nur ein bestimmtes Fach unterrichten, so dass in sich geschlossene Einheiten entstehen. Ab der dritten Schulstunde findet der Fachunterricht statt. Hier werden sowohl Fremdsprachen, meist Englisch, Französisch und Latein oder Russisch, als auch handwerkliche und künstlerische Fächer unterrichtet. Vor allem in den ersten Schuljahren wird weitgehend auf Schulbücher verzichtet und auch elektronische Medien werden erst ab der Mittelstufe verwendet.

Die Lehrpläne der Waldorfschulen sind nur bedingt mit den Lehrplänen von Regelschulen zu vergleichen. An Waldorfschulen werden die Lerninhalte und die Unterrichtsmethoden zum einen auf Basis der pädagogischen Prinzipien von Steiner und zum anderen abgestimmt auf die Entwicklungsstufen der Schüler ausgewählt. 2003 wurde eine aktualisierte Fassung der Lehrpläne herausgegeben, orientiert an den heutigen Ansprüchen.

Neben den Hauptfächern Deutsch, Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften liegen die Schwerpunkte dabei auf praktischen und handwerklich-künstlerischen Fächern. Zudem lernt jeder Schüler ab dem ersten Schuljahr zwei Fremdsprachen.    

 

Die Noten und die Abschlüsse

An Waldorfschulen gibt es zwar keine Noten und Zeugnisse im herkömmliche Sinne, aber trotzdem werden die Leistungen der Schüler der bewertet. Da die Schüler individuell betreut und gefördert werden und es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Schülern, den Lehrern und den Eltern gibt, ist der aktuelle Leistungsstand immer präsent. Zudem arbeiten die Schulen mit unterschiedlichen Verfahren zur Überprüfung der individuellen Lernfortschritte.

Hierzu gehören beispielsweise Epochenhefte, die die Schüler führen, Tests oder auch Zielvereinbarungen. Am Ende eines Schuljahres erhalten die Schüler dann eine Art Zeugnis in Form eines Berichts. In diesem Bericht werden die Stärken, die Lernfortschritte und auch die Schwächen aufgeführt und ausführlich beschrieben. Mit dem Ende der zwölften Klasse erwerben die Schüler den Waldorfschulabschluss, der jedoch kein staatlich anerkannter Schulabschluss in Deutschland ist.

Aus diesem Grund ist es an den meisten Waldorfschulen möglich, auch alle staatlichen Schulabschlüsse zu erwerben und die staatlichen Schulabschlusszeugnisse für den Hauptschulabschluss, die Mittlere Reife, die Fachhochschulreife und das Abitur entsprechen den klassischen Zeugnissen, enthalten also auch Noten. Die Abschlussprüfungen erfolgen in Zusammenarbeit mit staatlichen Schulen und finden entweder an den Waldorfschulen oder extern statt.

Fast die Hälfte der Schüler verlassen die Waldorfschule mit Abitur, rund ein Drittel mit Realabschluss. Die anderen Schüler beenden die Schule mit Fachhochschulreife oder Hauptschulabschluss, weit unter 3 Prozent aller Schüler verlassen die Schule ohne Schulabschluss  

 

Die Qualität

Oft wird die Frage gestellt, ob die Schüler tatsächlich ausreichend auf die Arbeitswelt und das alltägliche Leben vorbereitet werden, wenn sie ohne Noten, ohne Leistungsdruck und ohne staatliche Lehrpläne lernen. Hierzu ist zunächst zu sagen, dass es sich bei Waldorfschulen um staatlich anerkannte, allgemeinbildende Ersatzschulen handelt.

Als solche werden sie von den Schulaufsichtbehören überprüft, so dass sichergestellt ist, dass sie gleichwertige Schulen sind und auch die Aufgaben der Abschlussprüfungen genauso umfangreich und schwierig sind wie an Regelschulen. Zudem gibt es seit 2008 ein eigenes Modellprojekt an Waldorfschulen, das sich mit der Qualität des Unterrichts beschäftigt.

In diesem Zuge werden die Lehrkräfte sowohl von externen Fachleuten als auch im Rahmen von internen Gruppen bei der Entwicklung und Durchführung des Unterrichts unterstützt.

 

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