Hat Corona das Bildungsniveau gesenkt?

Hat Corona das Bildungsniveau gesenkt?

Der Beginn des ersten Lockdowns wegen Corona liegt jetzt gut fünf Jahre zurück. Stark betroffen davon waren unter anderem diejenigen, die damals Schüler waren. Denn sie mussten ohne jeglichen Vorlauf auf digitales Lernen umsteigen und sich den Schulstoff wesentlich eigenständiger erarbeiten als die Jahrgänge vor und nach ihnen.

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Hat Corona das Bildungsniveau gesenkt

Doch welche Folgen hatte das? Hat Corona das aktuelle Bildungsniveau gesenkt? Welche Kompetenzen fehlen den betroffenen Jahrgängen? Und besteht eine Möglichkeit, die entstandenen Lücken noch zu schließen?:

Weniger Chancengleichheit durch die Lockdowns

In Deutschland erreichte das damals noch neue und unbekannte Coronavirus Mitte März 2020 einen ersten Höhepunkt. Die Anzahl der Ansteckungen schoss in die Höhe und die Zahl der Toten verdoppelte sich innerhalb kürzester Zeit.

Um die Situation in den Griff zu bekommen, das Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren und die Ansteckungsgefahr einzudämmen, beschlossen Bund und Länder den ersten von mehreren Lockdowns.

Ab dem 22. März 2020 wurden Versammlungen, Gottesdienste und private Treffen verboten. Restaurants, Cafés und Geschäfte wurden genauso geschlossen wie die Schulen.

Die zeitweisen Schulschließungen zwischen März und Mai stellten die Bildungseinrichtungen und die Lehrkräfte vor die Herausforderung, aus dem Stegreif digitale Wege zu etablieren, um Wissen zu vermitteln.

Auch die Eltern standen plötzlich vor der Aufgabe, ihren Kindern dabei zu helfen, von daheim aus eigenständig zu lernen.

Doch das klappte längst nicht immer. Eine Umfrage aus dieser Zeit ergab, dass rund 13 Prozent der Schüler anfangs gar keinen oder nur einen unzureichenden Zugang zu der Technik hatten, die für das digitale Lernen notwendig ist.

Vor allem Schüler aus einkommensschwachen Familien waren davon betroffen. So waren ihre Bedingungen für den Start in den Distanzunterricht von Anfang an schlechter.

Wie gut der Fernunterricht gelang, wurde außerdem vom Bildungsgrad der Eltern beeinflusst. Rund ein Drittel der Eltern ohne akademischen Hintergrund räumte ein, dass sie ihre Kinder während der Schulschließungen bei den Schulaufgaben nur begrenzt oder gar nicht unterstützen konnten.

Damit waren diese Kinder gegenüber Kindern aus Akademikerfamilien klar im Nachteil. Noch düsterer sah es für Kinder aus, deren Eltern kein Deutsch sprechen. Im Ergebnis waren viele Schüler komplett auf sich allein gestellt.

Als es im Winter 2020 und im Frühjahr 2021 zu weiteren Schulschließungen kam, waren die Herausforderungen für die Schüler weitestgehend gleich geblieben. Zusätzlich dazu wurde es immer schwieriger, eine feste Struktur in den Tagesablauf zu bringen und die Motivation aufrechtzuerhalten.

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Lesekompetenz als zentraler Faktor

Nach Einschätzung der Eltern kamen Kinder mit der neuen Lernsituation umso besser zurecht, je höher ihre Lesekompetenz war. Anders als im normalen, gewohnten Präsenzunterricht können die Lehrer den Lernstoff und die Aufgaben beim digitalen Fernunterricht mündlich oft nicht erklären.

Stattdessen werden die Erklärungen und Arbeitsanweisungen überwiegend schriftlich übermittelt.

Dadurch wird die Fähigkeit, schriftliche Texte durch Lesen zu erfassen und zu verstehen, zu einer zentralen Kompetenz beim Lernen daheim. Das gilt für alle Schulfächer.

Eine geringere Lesekompetenz hatte zur Folge, dass die betroffenen Schüler die Erklärungen, Anleitungen und Aufgabenstellungen schlechter nachvollziehen konnten.

Das wiederum führte zu einem geringeren Lernerfolg, während der Frust stieg. Diese Entwicklung bestätigen auch Studien, nach denen leistungsschwächere Schüler während der Pandemie deutlich weniger Zeit mit Lernen verbrachten als in Phasen mit Präsenzunterricht.

Aber ergeben sich daraus langfristige Auswirkungen auf die Kompetenzen der Corona-Jahrgänge? Und wie sieht es mit dem derzeitigen Bildungsniveau aus?

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Gesunkene Kompetenzen

Eine Befragung ergab, dass über 70 Prozent der Lehrkräfte der Meinung sind, dass weniger ihrer Schüler die Lernziele erreichen als in der Zeit vor der Pandemie. Vergleichen wir die Ergebnisse der PISA-Studien aus den Jahren 2012 und 2022 miteinander, scheint sich der Eindruck zu bestätigen.

In Mathematik zum Beispiel hat sich der Anteil der Schüler, die die geforderten Mindestleistungen nicht schaffen, von unter 18 auf knapp 30 Prozent fast verdoppelt. Gleichzeitig reduzierte sich der Anteil der Schüler mit Spitzenleistungen in diesem Fach von knapp 18 auf unter 9 Prozent auf die Hälfte.

Auch beim Lesen bleiben laut PISA 2022 mehr Schüler hinter den Anforderungen zurück. So stieg der Anteil an Schülern mit unzureichenden Lesekompetenzen von knapp 15 auf über 25 Prozent. Zwar schnitten die Schüler auch schon vor Corona in den PISA-Studien immer schlechter ab.

Aber die pandemiebedingten Schulschließungen scheinen diesen Trend zusätzlich begünstigt zu haben.

Lückenschluss nicht unmöglich

Die gute Nachricht lautet, dass es zwar schwer wird, die Lernlücken zu schließen, die während der Corona-Lockdowns entstanden sind, es aber durchaus möglich ist. Ein wichtiger Ansatz dazu wären gezielte Förderprogramme.

An den Schulen müsste es so etwas wie Chancenbeauftragte geben, die Konzepte erarbeiten und umsetzen, mit denen zum einen die ungleichen Chancen während Corona ausgeglichen und zum anderen eine nachhaltige Chancengleichheit bei der Bildung erreicht werden kann.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass die Digitalisierung an deutschen Schulen vorankommen muss.

Bei den Lehrkräften müsste ein Umdenken stattfinden, das sich weniger auf die Nachteile konzentriert, sondern den Fokus auf die Vorteile legt, wenn digitale Unterrichtsinhalte stärker zum Einsatz kommen.

Gerade digitaler Unterricht macht es einfacher, Schüler individuell zu fördern. Außerdem unterstützt er die Fähigkeit, sich Lernstoff eigenständig zu erarbeiten und die eigenen Lernfortschritte zu kontrollieren. Nur müssen dafür eben die Rahmenbedingungen geschaffen werden.

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Bernhard Staube, - Inhaber Agentur für Schülerhilfe, Sabine Menkemann, - Lehrkraft Deutsch/ Mathe, Matthias Kurz, - Pädagoge berufsbildene Schule, Canel Gülcan, Studentin Lehramt Germanistik / Religion, sowie Christian Gülcan, Unternehmer/ Inhaber Medienagentur, Arbeitgeber, Betreiber und Redakteur dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Ratgeber zum Thema Bildung, Lernen, Schulen und Weiterbildung.

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