Warum handschriftliche Notizen beim Lernen besser sind als getippte
“The pen is mightier than the sword.“, zu Deutsch: Der Stift ist mächtiger als das Schwert. – Das wusste der englische Schriftsteller Edward Bulwer-Lytton schon Mitte des 19. Jahrhunderts. Hätte er damals geahnt, dass Tastaturen und Bildschirme den Platz von Stiften einnehmen würden, hätte er vermutlich eine andere Formulierung gewählt.
Denn die besondere Kraft, die der Schriftsteller dem Hand-Schreibwerkzeug beimaß, hat auch im digitalen Zeitalter noch Bestand. Und es gibt sogar wissenschaftliche Belege dafür, dass das klassisch-analoge Mitschreiben von Hand digitalen Aufzeichnungen überlegen ist.
Wir erklären, warum handschriftliche Notizen beim Lernen besser sind als getippte:
Inhalt
Handschriftliche Notizen sind effektiver
Forscher der Universitäten von Kalifornien und Princeton haben herausgefunden, dass ein Schüler, der von Hand mitschreibt, mehr lernt. Tippt ein Schüler nur mit, bleibt weniger Lernstoff hängen.
Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, führten die Lernwissenschaftler mehrere Studien durch. Dabei teilten sie Studenten in zwei Gruppen ein. Die eine Gruppe musste eine Vorlesung handschriftlich mitschreiben, die andere Gruppe per Laptop.
Anschließend fanden Leistungstests statt. Dabei zeigte sich, dass die Gruppen, die den Stoff von Hand mitgeschrieben hatten, bei denen Tests deutlich besser abschnitten als die Gruppen, die die Inhalte digital notiert hatten.
Das Gehirn ist aktiver
Ein Grund hierfür ist, dass jemand, der am Laptop, Tablet oder Smartphone mittippt, dazu neigt, alles wortwörtlich mitzuschreiben. Das zeigte sich auch in den Studien. Die Studenten mit Laptop hatten weit mehr Wörter geschrieben als die Probanten mit Stift und Papier.
Das Bild bestätigt sich in der Praxis. Wer in jüngerer Vergangenheit schon einmal einen Blick in einen Hörsaal geworfen hat, weiß, dass viele Studierende versuchen, ganze Vorlesungen und Seminare protokollartig aufzuschreiben.
Wenn jede Aussage des Dozenten in der Datei erscheint, besteht schließlich nicht die Gefahr, etwas verpasst zu haben.
Allerdings ist das Gehirn beim bloßen Tippen passiver. Macht sich ein Schüler oder Student hingegen handschriftliche Notizen, kann er gar nicht wortwörtlich mitschreiben. Es sei denn, er beherrscht eine Kurzschrift. Ansonsten ist er dazu gezwungen, das Gehörte zu filtern.
Er muss Wichtiges von weniger Wichtigem trennen, eigene Stichworte oder Formulierungen finden und diese aufschreiben. Dieses Filtern und Umformulieren erfordert Konzentration und das Gehirn ist aktiver. Das führt gleichzeitig dazu, dass mehr von dem Lernstoff hängen bleibt. Die Experimente im Rahmen der Studie bestätigten dies.
Stift und Papier haben Vorteile
Unabhängig von Studien zeigen sich beim direkten Vergleich aber auch ganz konkrete, handfeste Vorteile von handschriftlichen Notizen gegenüber getippten:
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Stift und Papier sind immer und überall einsatzbereit. Es gibt kein Hochfahren, keinen leeren Akku und keine technischen Ausfälle.
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Linien, Kreise und Kästen können Wichtiges optisch hervorheben, Pfeile können Zusammenhänge herstellen. So entsteht im Handumdrehen eine übersichtliche Struktur.
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Tabellen, Skizzen und Zeichnungen lassen sich von Hand oft schneller und einfacher erstellen als mit digitalen Tools.
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In den Notizen kann geblättert werden. Um sich einen älteren Inhalt ins Gedächtnis zu rufen oder eine Aufzeichnung zu ergänzen, kann einfach die entsprechende Seite aufgeschlagen werden.
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Handschriftliche Notizen sind immer individuell. Jeder hat seine eigene Art und Weise, wie er etwas mitschreibt. Gerade dieses Individuelle kann es leichter machen, sich die Inhalte einzuprägen.
Hinzu kommt, dass beim Mitschreiben von Hand mehrere Sinne beteiligt sind. Denn der Schüler oder Student nimmt das Gehörte wahr, schreibt es aktiv auf und sieht es mit seinen Augen.
Dieses Zusammenspiel aus Hörsinn, Motorik und Sehsinn hilft beim Lernen. Inhalte prägen sich nämlich umso besser ein, über je mehr Wege sie erfasst werden.
Es gibt auch Minuspunkte
Natürlich haben handschriftliche Notizen nicht nur Vorteile. Anders als auf dem Bildschirm kann Geschriebenes zum Beispiel nicht einfach so wieder gelöscht werden. Stattdessen bleibt oft nur, die Notizen durchzustreichen.
Solche Korrekturen können aber dazu führen, dass die Aufzeichnungen unübersichtlich und unansehnlich werden.
Außerdem kann eine Sammlung aus losen Blättern durcheinandergeraten und einzelne Notizen können verloren gehen. Und auch der Umweltaspekt kann eine Rolle spielen. Möchte der Schüler oder Student viel aufschreiben, verbraucht er schließlich entsprechend viel Papier. Im Unterschied dazu bleiben digitale Notizen als Dateien im Speicher.
Notieren und verstehen
Komplett zu Altbewährtem zurückzukehren und Digitales vom Schreibtisch zu verbannen, ist Quatsch. Dafür bieten Computer & Co. viel zu viele Vorteile.
Aber wenn es ums Lernen geht, sollte der Schüler oder Student auf handschriftliche Notizen setzen. Denn beim Mitschreiben finden zwei Dinge stattet. Zum einen geht es darum, das Gehörte zu erfassen. Und zum anderen werden eben die Notizen produziert.
Tippt der Schüler oder Student wörtlich alles mit, ist er nur damit beschäftigt, die Notizen zu produzieren. Schließlich muss er schnell viel mitschreiben, um nichts zu verpassen. Für das Erfassen und Verstehen der Inhalte bleibt ihm keine Zeit.
Schreibt er hingegen von Hand mit, hört er intensiv zu, filtert aus und fasst das Gehörte in seinen eigenen, kurzen Worten zusammen. Dadurch setzt er sich automatisch bewusster und aktiver mit den Inhalten auseinander.
Deshalb bleibt von vorneherein mehr hängen und der Schüler oder Student braucht später weniger Wiederholungen, um den Stoff dauerhaft zu verankern.
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