Wie wir lernen: Lernmethoden im Überblick
Der Lernprozess ist ein kontinuierlicher Vorgang, der das ganze Leben lang andauert. Das Gehirn sieht sich tagtäglich mit Informationen konfrontiert, dies es erfassen und verarbeiten muss. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Auf ein kleines Baby strömen die Informationen und Eindrücke also genauso ein wie auf einen betagten Senior.
Lernen bedeutet, diese Informationen so zu verarbeiten und sich einzuprägen, dass sie als abrufbares Wissen erhalten bleiben. Dabei kann sich das Lernen auf alltägliche Abläufe wie das Sprechen oder das Gehen, aber auch auf bestimmte Inhalte wie beispielsweise den Stoff für eine Klassenarbeit beziehen. Nun gibt es aber verschiedene Erklärungsversuche dafür, wie das Lernen funktioniert und mit welchen Abläufen im Gehirn es einhergeht.
Die folgende Übersicht stellt die wichtigsten Lernmethoden vor:
Inhalt
Die klassische Konditionierung
Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Wissenschaft damit, das Lernen zu erforschen. Einer der Vorreiter war Iwan Pawlow, ein Physiologe aus Russland. Er führte verschiedene Experimente durch, darunter eines mit Hunden. Bei diesem Experiment ließ er eine Glocke erklingen, wenn er die Hunde fütterte. Dadurch rief er bei den Hunden eine Verbindung zwischen dem Glockenton und der Futtergabe hervor.
Nach einiger Zeit lief den Hunden schon dann buchstäblich das Wasser im Mund zusammen, wenn sie nur den Ton der Glocke hörten, das Futter aber noch gar nicht sahen oder gar bekommen hatten. Der Glockenton, der ursprünglich ein neutraler Reiz war und nichts mit dem Futter zu tun hatte, war so zu einem Auslöser einer bestimmten Reaktion geworden. Die Forschung leitete daraus ab, dass Menschen ebenfalls bestimmte Assoziationen entwickeln und daraus lernen.
Ein Schüler beispielsweise, der in Mathe immer nur sehr schlechte Noten erzielt hat, hat Angst vor der nächste Mathearbeit, weil er hier wieder eine schlechte Note befürchtet. Eine Person, die eine unangenehme und schmerzhafte Behandlung beim Zahnarzt über sich ergehen lassen musste, wird ihr Leben lang Unbehagen verspüren, wenn der nächste Zahnarztbesuch ansteht.
Etwa zeitgleich fand die Forschung heraus, dass Menschen und Tiere auch dadurch lernen, dass sie ausprobieren und dabei entweder einen Erfolg oder einen Irrtum verzeichnen. In diesem Zusammenhang führte Edward L. Thorndike ein Experiment mit Katzen durch.
Die Katzen waren in einem Käfig eingesperrt und mussten eine Tür öffnen, um an den Futternapf zu kommen. Am Anfang probierten die Katzen verschiedene Wege aus. So miauten sie, streiften an den Gitterstäben entlang oder kratzten auf dem Boden. Durch Zufall stießen sie schließlich auf den Hebel, der die Tür öffnete. Im Laufe der Zeit wurde das Herumprobieren immer weniger. Stattdessen nahm die gezielte Beschäftigung mit dem Hebel zu. Die Katzen hatten also gelernt, was sie tun mussten, um die Tür zu öffnen und den Futternapf zu erreichen.
Der Wissenschaftler leitete daraus aber nicht ab, dass die Katzen Einsicht zeigten. Stattdessen ging er davon aus, dass sich die Katzen nur deshalb mit dem Hebel auseinandersetzen, weil sie ihn mit dem Erfolgserlebnis, Futter zu bekommen, in Verbindung brachten. Auch hier hatte somit eine Konditionierung stattgefunden, in diesem Fall aber durch das Ausprobieren.
Die operante Konditionierung
Die Weiterentwicklung der klassischen Konditionierung führte zur operanten Konditionierung. Diese Lernmethode stützt sich auf die Theorie, dass der Mensch aus den Konsequenzen lernt, die sein Verhalten hervorruft. Veranschaulicht wurde diese Annahme durch ein Experiment des Psychologen Burrhus F. Skinner.
Bei diesem Experiment wurde eine Ratte mit einer Futterpille belohnt, wenn sie zwei Knöpfe in der richtigen Reihenfolge drückte. Drückte die Ratte hingegen die falschen Knöpfe oder wählte sie die falsche Reihenfolge, wurde sie mit einem Stromstoß bestraft. Die Futterpille verstärkte den Lernprozess positiv, der Stromstoß wurde zum negativen Verstärker.
Die Wissenschaft nahm an, dass die Menschen ihr Verhalten ebenfalls anpassen, und zwar abhängig davon, ob ihr Verhalten positive oder negative Konsequenzen, eine Belohnung oder eine Strafe zur Folge hatte.
Allerdings stimmten nicht alle Wissenschaftler dieser Annahme zu. Sie argumentierten, dass der Mensch sein Verhalten ständig ändern müsste, um je nach Laune der anderen eine Belohnung zu erhalten oder einer Strafe zu entgehen. Deshalb könne die Aussicht auf eine Belohnung oder eine Bestrafung nicht der einzige Lernfaktor sein.
Gleichzeitig fanden die Wissenschaftler heraus, dass der Mensch auch dadurch lernt, dass er andere beobachtet. So ahmen beispielsweise Kinder ihre Eltern nach und ein Azubi lernt, indem er zuschaut, wie sein Lehrmeister bestimmte Tätigkeiten ausführt. Aus diesen Erkenntnissen wiederum wurde abgeleitet, dass sich das, was ein Mensch gelernt hat, nicht unmittelbar in seinem Verhalten widerspiegeln muss.
Das kognivistische Lernen
Mitte der 1960er-Jahre wurde eine andere Herangehensweise populär. Hatten die Lernmethoden bis dahin das beobachtbare Verhalten in den Mittelpunkt gestellt, rückten nun die Prozesse, die beim Lernen im Gehirn ablaufen, in den Vordergrund. Die Wissenschaftler vertraten die Auffassung, dass die Fähigkeit des Menschen, kreativ zu denken, Entscheidungen zu treffen und Lösungen zu finden, nicht nur das Ergebnis von Einflüssen aus dem Umfeld sein kann.
Stattdessen müssten kognitive Prozesse im Gehirn stattfinden. Das kognitivistische Lernen, das auch das Lernen durch Einsicht genannt wird, ermöglicht dem Lernenden, einen Sachverhalt nachzuvollziehen und zu verstehen. Dadurch erwirbt er im Laufe der Zeit das notwendige Wissen und Können, Informationen zu verarbeiten und zu nutzen. Die Wissenschaftler vertraten außerdem die Ansicht, dass das Vorwissen eine wichtige Rolle spielt.
Das Vorwissen bildet eine Art Fundament. Kommt neues Wissen dazu, wird das neu Erlernte mit dem vorhandenen Wissen abgeglichen und die Basis gleichzeitig kontinuierlich ausgebaut. Dadurch wiederum wird es möglich, Begriffe und Inhalte miteinander zu verknüpfen und auf andere Sachgebiete zu übertragen.
Lernen dank der Neuronen im Gehirn
Heute weiß die Forschung, dass die Neuronen, das sind die Nervenzellen im Gehirn, beim Lernen von großer Bedeutung sind. Das menschliche Gehirn hat rund 100 Milliarden Neuronen, wobei die Nervenzellen auf unterschiedliche Art mit anderen Nervenzellen verknüpft sind. Wird nun ein bestimmter Inhalt gelernt, beispielsweise Vokabeln, werden beim Lernen immer wieder dieselben Neuronen stimuliert.
An den Stellen, an denen die Neuronen mit anderen Nervenzellen verknüpft sind, kommen Impulse an, wodurch die Botenstoffe von einer Zelle zur nächsten Zelle wandern, bis sie schließlich die Empfängerzelle erreichen und aktivieren. Dieser Prozess wird solange fortgesetzt, bis sich die Zellkontakte verstärkt haben.
Dadurch werden die Reize, die das Lernen auslöst, schneller und effektiver übertragen. Das Ergebnis davon ist, dass die erlernte Information im Gedächtnis abgespeichert ist und von dort aus jederzeit abgerufen werden kann.
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