Linkshänder sein – Zufall oder Hinweis auf besondere Begabung?

Linkshänder sein – Zufall oder Hinweis auf besondere Begabung?

Obwohl es schon immer Linkshänder gab, galten Menschen, die bevorzugt ihre linke Hand einsetzen, lange Zeit als Exoten. Es war sogar üblich, Linkshänder zu Rechtshändern umzuschulen. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Doch weil Rechtshänder deutlich in der Überzahl sind, sehen sich Linkshänder noch immer mit Vorurteilen konfrontiert.

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So wird ihnen nachgesagt, dass ihr kreatives Potenzial überdurchschnittlich groß ist, sie aber auch eher zu Ungeschicktheit und Tollpatschigkeit neigen. Selbst die Wissenschaft ist sich nicht ganz einig, ob Linkshänder sein Zufall oder ein Hinweis auf besondere Begabung ist.

Warum war es lange Zeit verpönt, Linkshänder zu sein?

Faustkeile, Speere und andere archäologische Funde belegen, dass es unter den Steinzeitmenschen weit mehr Linkshänder gab als heute. Die Forscher vermuten, dass seinerzeit gut die Hälfte aller Menschen lieber die linke Hand benutzte. Die Frage, warum jemand die eine Hand der anderen Hand vorzieht, beschäftigt die Menschheit ebenfalls schon sehr lange.

Einer der frühen Forscher auf diesem Gebiet war der Grieche Platon, der zwischen 427 und 347 vor Christus lebte. Er stellte die These auf, dass der Mensch seine beiden Füße und Beine gleichgut bewegen könne. Davon leitete er ab, dass die Natur vorgesehen habe, dass der Mensch auch seine beiden Arme und Hände gleichermaßen benutzen könnte. Gegen diese These spricht allerdings, dass es auch in der Tierwelt so etwas wie Rechts- und Linkshänder gibt.

So haben beispielsweise einige Krabben- und Krebsarten eine größere und stärkere Schere, während die andere Schere kleiner und weniger kraftvoll ist. Freilebende Schimpansen wiederum verwenden Studien zufolge meist die linke Hand, wenn sie Termiten fangen wollen.

In der Tat scheint es auch sinnvoll, sich auf eine Hand zu konzentrieren und diese für die wichtigsten Griffe und Handlungen zu schulen. Auf diese Weise werden nämlich die Kraft und die Geschicklichkeit auf einer Seite gebündelt. Anders als bei den Tieren, die ungefähr zur Hälfte Rechts- und Linkshänder sind, wird geschätzt, dass sich bei den Menschen weltweit der Anteil an Linkshändern irgendwo zwischen zehn und 25 Prozent bewegt.

Ein Grund dafür, dass es verhältnismäßig wenig Linkshänder gibt, könnte sein, dass es die linke Seite schon immer schwerer hatte. Bereits in der Antike war die linke Seite die böse Seite, von der schlechte Nachrichten und Prophezeiungen kamen und auf der das Totenreich lag.

In vielen Kulturen galt und gilt die linke Seite als unrein. In Japan konnte sich ein Mann sogar scheiden lassen, wenn sich herausstellte, dass seine Ehefrau Linkshänderin war. Auch der Sprachgebrauch bringt die Skepsis gegenüber der linken Seite zum Ausdruck. So ist jemand ungeschickt, wenn er zwei linke Hände hat, und wenn er mit dem linken Fuß aufgestanden ist, hat er schlechte Laune. Etwas, das kein Problem und keine besondere Herausforderung darstellt, macht jemand mit links.

Dagegen wird zur Begrüßung die rechte Hand geschüttelt. Mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht, des Militärdienstes und von genormten Maschinen im Rahmen der Industrialisierung gewann ein möglichst normgerechter Gebrauch der Hände noch einmal an Bedeutung.

Die typischen Vorurteile und gängigen Vorbehalte gegenüber der linken Seite blieben nicht nur bestehen, sondern wurden auf Linkshänder übertragen. Dies führte dazu, dass Linkshänder kaum toleriert und wann immer möglich zu Rechtshändern umgeschult wurden. Erst antiautoritäre Bewegungen Ende des 20. Jahrhunderts läuteten einen grundlegenden Wandel ein.

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Warum wird jemand Linkshänder?

Der Forschung ist es bislang nicht gelungen, eindeutig zu klären, warum jemand die linke Hand bevorzugt. Fest steht aber, dass die Erbanlagen eine maßgebliche Rolle spielen. So liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind von zwei Rechtshändern ein Linkshänder wird, bei gerade einmal zwei Prozent.

Ist ein Elternteil Links- und ein Elternteil Rechtshänder, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit schon auf 17 Prozent. Sind beide Elternteile Linkshänder, wird ihr Kind zu 50 Prozent ebenfalls linkshändig. Neben den Genen haben die beiden Gehirnhälften Einfluss darauf, ob jemand eher die rechte oder die linke Hand bevorzugt. Für die verschiedenen Fertigkeiten sind unterschiedliche Hirnareale zuständig.

Dabei steuert die rechte Gehirnhälfte die Aktivitäten der linken Körperseite und die linke Gehirnhälfte die Aktivitäten der rechten Körperseite. Eine Vermutung der Forschung geht dahin, dass ein Molekül die Ausbildung der linken Gehirnhälfte steuert. Dadurch ist die linke Gehirnhälfte stärker entwickelt und dies hat zur Folge, dass die rechte Körperseite und damit auch die rechte Hand leistungsstärker und geschickter sind.

Ist dieses Molekül nicht vorhanden, gibt es keine stärker entwickelte Hirnhälfte. Folglich bleibt es dem Zufall überlassen, wie sich die Fertigkeiten auf die beiden Hirnhälften verteilen und welche Körperseite bevorzugt wird. Eine andere Theorie verfolgt den Ansatz, dass die Linkshändigkeit eine weitere Stufe der Evolution ist. Die Linkshändigkeit wäre demnach eine Art Test, wie gut die beiden Gehirnhälften zusammenarbeiten können.

Sind Linkshänder kreativer?

In der Tat ist die Liste an berühmten Persönlichkeiten, die Linkshänder waren oder sind, lang. Michelangelo, Julius Cäsar, Ludwig van Beethoven, Charlie Chaplin, Marilyn Monroe, Jimi Hendrix, Queen Elisabeth II und ihr Enkel Prinz William oder John McEnroe und Martina Navratilova sind nur ein paar Beispiele für prominente Linkshänder. Allerdings gibt es genauso auch sehr viele Künstler, Musiker, Sportgrößen, Showstars und andere Prominente, die die rechte Hand bevorzugen.

Ob kreatives Potenzial oder eine besondere Begabung wirklich in einem Zusammenhang mit der Linkshändigkeit stehen, lässt sich deshalb schwer beurteilen. Auch die Forschung glaubt eher nicht, dass Linkshänder von Natur aus kreativer sind. Wahrscheinlicher scheint zu sein, dass Linkshänder einfach dadurch, dass es mehr Rechtshänder gibt, als exotischer wahrgenommen werden.

Zudem mussten sie früher einfallsreicher sein, denn linkshändertaugliche Alltagsgegenstände sind noch nicht allzu lange erhältlich.

Wie können Eltern feststellen, ob ihr Kind Linkshänder ist?

Ob ein Kind die rechte oder linke Hand bevorzugt, lässt sich am besten bei spontanen Aktivitäten feststellen. Wenn ein Kind beispielsweise etwas greift oder nach einem Gegenstand angelt, können Eltern sehen, ob es dafür die rechte oder die linke Hand nutzt.

Bei einigen Kindern zeigt sich die Neigung zur Linkshändigkeit schon sehr früh, etwa im Alter von zwei Jahren. Bei anderen Kindern dauert es länger. Sollte ein Kind im Alter von etwa viereinhalb bis fünf Jahren noch keine Neigung für eine Hand entwickelt haben, sollten die Eltern aber den Kinderarzt befragen. Wechselt ein Kind ständig seine Hände, könnte dies nämlich auf andere Ursachen wie beispielsweise Koordinationsstörungen hinweisen.

Spätestens bei der Einschulung sollte klar sein, ob ein Kind Rechts- oder Linkshänder ist. So lernt das Kind von Anfang an, mit seiner bevorzugten Hand zu schreiben, zu basteln und andere Aktivitäten auszuführen. Ratsam ist außerdem, das Kind möglichst früh mit einem Füller schreiben zu lassen. Zusammen mit einem nach rechts geneigten Papier kann es sich so leichter eine Schreibhaltung aneignen, die ein ständiges Verwischen des bereits Geschriebenen verhindert.

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