Was tun gegen den Lehrermangel? – Immer größere Klassen, fehlende Qualifikationen bei den Lehrern, ausgefallene Schulstunden: All das sind Folgen des Mangels an Lehrkräften an deutschen Schulen. Die Zahl der unbesetzten Stellen war noch nie so hoch wie heute und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Kultusministerkonferenz geht davon aus, dass bis zum Jahr 2035 rund 68.000 Pädagogen fehlen werden.
Doch was bedeutet das für die Schüler? Welche Maßnahmen könnten helfen, um neues Lehrpersonal zu gewinnen? Und wie kann das Problem mit dem Lehrermangel langfristig gelöst werden?
Inhalt
Lehrermangel als flächendeckendes Problem
Lena und Daniel stehen etwas ratlos vor dem Vertretungsplan: Die nächsten beiden Stunden fallen mal wieder kurzfristig aus. Danach steht ein Fach namens Naturkunde auf dem Stundenplan.
Dieses Fach ist durch die Zusammenlegung der Schulfächer Chemie und Physik entstanden, denn für diese beiden Schulfächer gibt es momentan nur einen Lehrer an der Schule.
So oder so ähnlich gestaltet sich der Schulalltag vieler Schüler. An deutschen Schulen fehlt es nämlich an Lehrkräften. Der Lehrermangel ist ein flächendeckendes Problem.
Doch in einigen Bundesländern und in bestimmten Fächern bereiten die Zahlen besonders große Sorgen. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel wird der Bedarf an Physiklehrern nur zu 18 Prozent und an Informatiklehrern nur zu fünf Prozent gedeckt sein.
Überforderung auf beiden Seiten
Unter den Folgen der unbesetzten Stellen leiden vor allem die Schüler. Ausgefallener Unterricht und Vertretungsstunden sind nicht nur nervig. Vielmehr macht sich die fehlende Ausbildung auch in den Leistungen der Schüler bemerkbar.
In den letzten PISA-Studien schnitten die getesteten 15-Jährigen immer schlechter ab. Rund 20 Prozent der Schüler schaffen nicht einmal die Minimalanforderungen im Lesen, Schreiben und Rechnen.
Doch auch das Lehrpersonal an den Schulen ist oft überfordert. Die Lehrer müssen den Unterricht vorbereiten und halten, Klassenarbeiten konzipieren und korrigieren, nebenher vielleicht einen Schulausflug organisieren und in den Pausen auf dem Schulhof Streitigkeiten zwischen Schülern schlichten.
In den Klassenzimmern sitzen Schüler mit teils sehr unterschiedlichen Sprachkenntnissen. Einige Eltern möchten sich gar nicht einbringen, während andere Eltern ständig über die Behandlung ihres Sprösslings diskutieren wollen.
Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Motivation verloren geht und die Belastung zu groß wird. Bei vielen Lehrkräften ist ein Burn-Out nicht mehr weit.
Quereinsteiger als schnelle Lösung
Zumindest in der Theorie gibt es durchaus ein paar Möglichkeiten, um Lehrkräfte im Alltag trotz Unterbesetzung zu entlasten. Die Digitalisierung ist an dieser Stelle ein wichtiges Stichwort.
Moderne Computerprogramme können bei einer Vielzahl von organisatorischen Aufgaben unterstützen. Wenn es zum Beispiel darum geht, Stundenpläne zu erstellen, kann eine Software auf Knopfdruck Berechnungen durchführen, die einen optimierten Vertretungsplan zum Ergebnis haben.
Viele Lehrer erledigen solche und andere komplexe Aufgaben aber nach wie vor ganz klassisch mit Papier und Stift von Hand.
Die mit Abstand größte Erleichterung für das Lehrpersonal wären zweifelsohne mehr Kolleginnen und Kollegen. Einige Schulen behelfen sich deshalb zunehmend mit Quer- und Seiteneinsteigern.
Diese Lehrkräfte haben kein reguläres Lehramtsstudium abgeschlossen, sondern bringen lediglich einen Fachabschluss mit und haben sich die notwendige Didaktik meist im Schnellverfahren angeeignet.
Doch auf diese Weise soll sichergestellt sein, dass die Schüler vor allem in den Fächern, die besonders oft ausfallen, zumindest die fachlichen Informationen erhalten, die der Lehrplan verlangt.
Natürlich sind Quer- und Seiteneinsteiger eine sinnvolle Lösung, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Eine Dauerlösung ist das aber nicht.
Damit eine Lehrkraft zum Beispiel das Abitur abnehmen kann, muss sie einen Masterabschluss oder das Staatsexamen haben. Die Qualitätsansprüche an den Schuldienst zu senken, nur um Lücken zu schließen, geht am Ende zulasten der Schülerinnen und Schüler.
Verschiedene Lösungsansätze
Um das Lehramtsstudium attraktiver zu machen, setzen die Bundesländer verstärkt auf flexible Ausbildungskonzepte. Baden-Württemberg zum Beispiel hat einen dualen Masterstudiengang auf den Weg gebracht, bei dem Studierende schon während des Abschlusses eine Vergütung bekommen.
Die ausgeprägte Praxisnähe, eine verkürzte Ausbildungsdauer und der Umstand, bereits im Studium Geld zu verdienen, soll das Interesse am Lehramt wecken.
Einen anderen Ansatz wählen Anbieter von Personaldienstleistungen. Sie bemühen sich darum, ausländische Pädagogen für deutsche Schulen anzuwerben. Erste Erfolge sind dabei bereits zu verzeichnen.
So unterrichten etwa in Sachsen-Anhalt inzwischen rund 90 Lehrer aus Ländern wie Bosnien, Spanien und der Schweiz. Vor allem die Aussicht auf eine unbefristete Arbeitsstelle überzeugt die Pädagogen davon, nach Deutschland zu kommen.
Auch finanzielle Anreize gehören zu den Maßnahmen, die manche Bundesländer versuchen:
In Mecklenburg-Vorpommern etwa bekommen Lehrkräfte vier Jahre lang eine monatliche Prämie von 424 Euro, wenn sie im ländlichen Raum unterrichten. Bayern bezahlt neuen Lehrern, die sich in einer weniger attraktiven Region niederlassen, einmalig 3.000 Euro.
Brandenburg wiederum versüßt angehenden Lehrkräften die Studienzeit mit 600 Euro pro Monat. Im Gegenzug verpflichten sie sich dazu, nach dem Abschluss des Studiums an einer Schule zu arbeiten, an der ein hoher Mangel an Lehrkräften herrscht.
Bundesweit Schlagzeilen hat das Modell der Vier-plus-eins-Woche gemacht, das Sachsen-Anhalt erprobt. Dabei haben die Schüler an vier Tagen regulären Schulunterricht.
Am fünften Tag lernen sie mit Arbeitsaufträgen und selbstorganisierter Projektarbeit digital von zu Hause aus. Wie effektiv diese Form des Lernens ist, insbesondere wenn es bei der Digitalisierung klemmt, muss sich erst noch zeigen.
Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie belegen, dass Schüler aus einkommensschwachen Haushalten und Familien mit Migrationshintergrund bei der Heimarbeit eher im Nachteil sind.
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